Nikolai Vogel: Kick off

Rede zur Ausstellungseröffnung "I love no waiting, Kick off at Season II" am 5. März 2008, Sonoris Causa, München
 

KICK OFF

Wir fangen an. "Meine sehr verehrten Damen und Herren" - so könnte es anfangen, so fängt es oft an. "Meine sehr verehrten Damen und Herren!" So ist es kein Anfang, sondern eine Formel. "Meine sehr verehrten Damen und Herren." Eine Formel, die den Anfang behauptet. Aber auch unser Anfang ist natürlich nur ein Weitermachen. Ein Ausprobieren, wie man im Weitermachen etwas neu machen kann. Wie man mit dem, was man macht, hinausgeht und es anderen zeigt.

Liebe Freunde, liebe Neugierige, liebe Nörgler, liebe Enthusiasten, kurz, liebe Anwesende und liebe Abwesende: I love no waiting. Ich möchte nichts zum Titel sagen. Ich war die letzten Tage auf Vernissagen, da wurde in den Reden erst mal der Titel erklärt, da wurden Wortspiele erläutert, Doppeldeutigkeiten mit nicht geringem Stolz aufgedeckt, auf Vernissagen, wo Texte verteilt wurden, die beschrieben, was auf den Bildern zu sehen ist, also was auf den Bildern zu sehen sein soll. Auf Vernissagen, da wurde betont, was andere schon in den Bildern und Exponaten gesehen haben, also was sie hinein- und herausgesehen haben. Auf Vernissagen, da wurde über die anwesenden Künstler oft gesprochen, als wären sie schon tot. Über ihre Köpfe hinweg gesprochen, als störten sie nur. Als ginge es ihnen nicht um die Bilder. Auf Vernissagen, da wurde klar gemacht, was das alles ist, was man da sieht, und dass das die Ausstellungsmacher natürlich alles gesehen haben, dass man als Besucher das jetzt endlich auch sehen darf, aber bitte so, wie gewollt wird, dass man es sieht. Auf Vernissagen sieht man Bilder oft wie unter Zwang.

Wir haben keine Bilder dabei, heute. Bilder wird es zu sehen geben, auf unserer "Discovery One" am 4.4., wo es weiter geht. Es geht um die Bilder! Geduld. I love no waiting. Keine langen Reden! Aber lassen wir uns Zeit. Es zäht nicht die Lautstärke oder Geschwindigkeit.

Heute sind wir in einer Buchhandlung. In einer Buchhandlung gibt es Bücher. Wir haben Bücher dabei. Bücher vom Abschluss, vom Diplom der Klasse Förg, zu dem jeder nur eine Arbeit zeigen konnte. Bücher, die das Ende eines Studiums markierten. Heute nur die Bücher, als Kunde von Bildern, die noch auf ihren Platz warten. Die wir Ihnen nicht einfach so vor die Augen hängen. Nicht hier, aber dort, wo sie zu entdecken sein werden. Bücher vom Abschluss, die nun der Anfang sind. Zweitlektüren zeigen Neues!

Ein Buch von Claudia Göcke. Ein Buch von Silke Markefka. Ein Buch von Sebastian Pöllmann. Ein Buch von mir, eine Art Hörbuch, hier das erste Mal, nicht Klasse Förg, Klasse Jäger. Alle wird es heute abend zu lesen geben und zu hören. Alles Unikate. Alles mit Bildern. In die man schon mal reinschauen kann. Farbe und Schwarz, Schweigen und Artikulation. Die man sich so schon in die Vorstellung holen kann und mit sich herumtragen, bevor man sie dann sehen wird. Deren Vorstellung man ihnen selbst dann vorstellen kann. Vor sie hintreten und sich sagen, so bist du also und ich dachte doch so. Dann ist es schon zu zweit, das Bild. Dann hat es ein Gegenüber. Vielleicht vertragen sie sich, vielleicht mögen sie sich nicht, vielleicht ergeben sie zusammen etwas anderes.

"Kick-off", ein Begriff aus dem Sport - rede ich doch noch vom Titel, aber nur dem Untertitel von heute, ganz kurz - "Kick-off", ein Begriff aus dem Sport, den sich die Wirtschaft aneignete, wo er unsympathischer klingt als "Kick-Ass". Wir haben ihn geentert, für unser Projekt, als "Kick-Art". Abschlag erfolgt hier und jetzt. Nächste Landung 4.4. I love no waiting. Ich wünsche viel Spaß, fangen wir an!
 

Nikolai Vogel
am 5. März 2008

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